Auf dem Weg zu einem Alzheimer-Bluttest

In der bislang größten Studie ihrer Art haben Forscher Biomarker identifiziert, die das Alzheimer-Risiko vorhersagen sollen. Wie nützlich sind solche Prognosen?

Von Berit Uhlmann

Will ich wissen, ob ich später einmal an einer Alzheimer-Demenz erkranken werde? Die Frage ist nicht nur schwierig zu beantworten, sie stellte sich für die meisten Menschen bislang gar nicht. Denn die Bemühungen um eine Vorhersage der neurologischen Erkrankung waren bisher wenig erfolgreich. Nun hat ein internationales Forscherteam zehn Proteine im Blut identifiziert, die das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, relativ sicher prognostizieren können (Alzheimer’s and Dementia, online).

Die Untersuchung der Wissenschaftler um Simon Lovestone von der Universität Oxford ist die größte ihrer Art. In jahrelanger Arbeit verglichen die Forscher Blutwerte von mehr als 1000 Menschen: 476 von ihnen hatten bereits eine Alzheimer-Diagnose erhalten, etwa ebenso viele waren geistig gesund. Eine dritte Gruppe von 222 Personen zeigte jene leichten kognitiven Einbußen, bei denen sich auch Ärzte oft nicht sicher sind: Kündigen die kleineren Schwächen von den normalen Abbauprozessen im Alter oder vom Beginn einer Alzheimer-Erkrankung? Diese Frage könnte anhand der zehn Proteine beantwortet werden, schreiben die Forscher – mit einer Trefferquote von 87 Prozent.

Und doch liefern auch diese Biomarker nicht den Blick in die Zukunft, den sich die meisten Menschen wohl vorstellen. Die Vorhersagen galten lediglich für einen Zeitraum von einem Jahr und eben auch nur für jene, die bereits leichtere kognitive Probleme hatten.

Was ist damit gewonnen? Die Forscher selbst sehen eine Anwendungsmöglichkeit vor allem darin, Patienten für klinische Studien zu identifizieren, an denen dann die Wirksamkeit von frühen Interventionen untersucht werden kann.

Prinzipiell hätten Bluttests als diagnostisches Tool durchaus Vorteile, sagt Alexander Kurz, Alzheimer-Forscher an der TU München. Sie sind einfacher, preiswerter oder risikoärmer als die Untersuchung von Nervenwasser oder die Kernspintomographie, die heute relativ guten Aufschluss geben können. Ob die aktuelle Arbeit in einen solchen Bluttest münden könnte, müsste jedoch erst noch an einer Vielzahl unterschiedlicher Patienten erprobt werden, darunter auch solche mit weiteren Krankheiten. Die Forscher selbst weisen darauf hin, dass die Biomarker auch bei anderen Leiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorkommen können.

Ähnlich äußert sich Eva Meisenzahl, Leiterin des Alzheimer Gedächtniszentrums der Münchner LMU: „Klar ist, dass diese Arbeit repliziert werden muss“. Dass sie die Studie als interessant und relevant bewertet, liegt auch wesentlich an deren statistischer Methodik. Die Forscher haben Mustererkennungsverfahren verwendet, die erst langsam in der Medizin Einzug halten. Für Patienten gilt aber weiterhin: Das Langzeitrisiko einer Alzheimer-Erkrankung bleibt derzeit noch im Dunkeln.

Ob dies zu bedauern ist, ist ebenfalls nicht klar. Kurz: „Die Konsequenzen, die sich derzeit aus der Früherkennung ergeben, sind minimal“. Es sei nicht nachgewiesen, ob Medikamente, die schon in ganz frühem Erkrankungsstadium oder gar präventiv gegeben werden, wirklich besser helfen. Zugelassen sind sie ohnehin nicht. „Um nichtmedikamentöse Ansätze zur Alzheimer-Prävention zu beherzigen, braucht es dagegen keine Tests“, so Kurz. Sie lauten in erster Linie, sich körperlich und geistig fit zu halten und das kann man schlicht allen Menschen empfehlen.

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